Verkaufstipp

Erstellt von Uwe Engelhardt |

Der Google–halb-informierte-Kunde

Wollen Sie ein Experiment machen und ich führe laut Internet aus oder wollen Sie die Lösung eines Spezialisten, der morgen auch noch für Sie da ist?
Immer wieder erwähnen Verantwortliche von Landesverbänden und Innungen, dass deren Mitglieder mit „Google-geschulten-Kunden“ Diskussionen über ihre Arbeit führen müssen. Nicht selten ufern solche Meinungsverschiedenheiten zu Konflikten aus und enden in Preisstreitereien.

Machen wir uns eines bewusst: Ein Meister eines bestimmten Faches (z.B. der Zimmermeister/innen) ist ein Spezialist in einem bestimmten Gebiet. Das Wort „Spezialist“ wollen die Meister oft nicht hören. Faktisch ist es aber so. Nein, hier wird kein Honig ums Maul geschmiert, sondern Fakten gesammelt. Wem wurde der Meistertitel denn geschenkt? Keinem. Er muss erarbeitet werden. Einmal angenommen ein Geselle macht nach 3 Jahren Ausbildung den Meister in Teilzeit hinzu, dann drückt er rund 5 Jahre die Schulbank. Genau genommen müsste man bei der Teilzeitberechnung die praktizierende Zeit noch hinzurechnen. Eine Qualifizierung zum Meister bedeutet, dass eine Lernzeit in Theorie und Praxis von rund 4 - 7 Jahren absolviert werden muss (und oft noch mehr).

Hinzu kommen die zahlreichen Fachseminare der Hersteller. Ist das ein Kinderspiel? Keineswegs. Denn die Produkte haben sich ebenso entwickelt, wie die Vorschriften, die Gesetzgebung und zuletzt die technischen Möglichkeiten, wie das Thema: Digitalisierung. Eine gute Arbeit zu liefern, ohne die Produkte, deren Verarbeitungsrichtlinien und Feinheiten zu kennen, ist schlichtweg nicht möglich. In Sachen Spezialisierung ist das aber noch nicht das Ende des roten Fadens der Fachkompetenz. Mit zunehmender Erfahrung, d.h. weitere Kenntnisse, die der Meister sich durch sein Handeln erwirbt, wächst sein Wissensstand. Er lernt mit jedem neuen Erlebnis dazu, ob er will oder nicht. Gleichgültig, ob es ein neuer Kunde mit besonderen Wünschen oder die Produktentwicklung eines Herstellers erfordert. Er wird, wenn er nicht pleitegehen will, im weitesten Sinne vom Markt dazu gezwungen. Eine Nicht-Weiterentwicklung im jeweiligen Fachgebiet ist fast unmöglich. Wie kann das aber im Sinne des Mehrwertes dokumentiert werden?

Ein Blick in Wikipedia hilft uns: „…. Fach- oder Sachkundiger oder Spezialist, ist eine Person, die überdurchschnittlich umfangreiches Wissen auf einem Fachgebiet oder mehreren bestimmten Sacherschließungen oder über spezielle Fähigkeiten verfügt. Neben dem theoretischen Wissen kann eine kompetente Anwendung desselben, also praktisches Handlungswissen, für einen Experten kennzeichnend sein“.  Da lesen wir es: der Experte (so auch der Suchbegriff). Es ist nachvollziehbar, dass es nicht einfach ist, sich als solcher zu positionieren. Der uns gegenüber am häufigsten genannte Grund: „… was, wenn ich mich als Experte vorstelle und dann eine Frage nicht beantworten kann?“ Diese Anmerkung kommt von Menschen, die hohe Ansprüche an sich selbst stellen oder gar einen Hang zum Perfektionismus haben. Sie bauen ihr Vertrauen nicht auf ihr Vorhandenes, also implizites Wissen auf, sondern orientieren sich an dem was schlimmsten Falls passieren kann. Fakt ist, dass z. B. auch Fach-Ärzte, Sachverständige und auch Professoren nicht ALLES wissen können. Das kann heute kein Mensch. Gerade deshalb sind Spezialisten und Experten von Nöten. Sie sind fokussiert auf z.B. ein Thema und das beherrschen sie dual „Theorie + Praxis“. Fassen wir zusammen: ein Meister verfügt über theoretische und fachliche Kenntnisse und Erfahrungen, welches er in der Praxis der Umsetzung gesammelt und dabei auch Resultate und Ergebnisse erzielt hat. Das nennt man Wissen.

Ein Kunde, der seine Kenntnisse aus Google und Co. bezieht, verfügt nicht über vergleichbares Wissen, sondern über angelesene Informationen, die er im Gegensatz zum Meister nicht beurteilen kann. Vergleichen wir dieses Wissen mit den Informationen, dann ergibt sich ein enormes Gefälle. Dabei ist Theorie doch nur so gut, wie sie am Objekt umgesetzt wurde. Es ist wie z. B. beim Sport. Es gibt alle möglichen Regeln und theoretische Anleitungen. Die Realität spielt sich aber auf dem Platz (…also am realen Objekt) ab. Wie ist das Wetter, der Untergrund und Boden und alle sonstigen Gegebenheiten? Einen Spezialisten zeichnet aus, dass er alle Faktoren analysieren und anhand der Theorie die bestmögliche Lösung liefern kann. Das kann der Kunde nicht und er kann dies auch nicht beurteilen. Insofern könnte jede fachliche Diskussion ein Heimspiel für jeden Meister sein. Sein fachliches Terrain. Wie viel Spaß kann das machen? Voraussetzung ist, dass er sich nicht von aggressiv oder autoritär auftretenden Kunden verunsichern lässt. Versetzen wir uns in die Lage der Kunden. Sie verfügen über Informationen, aber kein Wissen. Sie sind angewiesen auf das Vertrauen zum Meister. Sie haben Angst um ihr Geld (je höher der Preis, je mehr). Verunsichert hat sie (vielleicht) auch die negative Presseberichterstattung über das Handwerk. Sicherheit gibt das nicht. Wie also überspielt man diese Unsicherheit? Flucht nach vorn und Ansage machen. Wer sich jetzt nicht ins Bockshorn jagen lässt, hat die besten Voraussetzungen für ein gutes Gespräch, ein Gespräch zwischen Spezialisten und Laie.

Mit dem folgenden kleinen Schnell- und Kurz-Programm können Sie mehr Vertrauen aufbauen und finden zu mehr Sicherheit. Es besteht aus 2 Stufen: Der Vorbereitung und dem Verhalten im Gespräch. Ein Hinweis zur Anwendung. Der Satz: „Eigenlob stinkt“ ist hier verboten. Wandeln Sie ihn ab in „Eigenlob STIMMT!“
 

1. Vertrauen in selbst aufbauen:

1. Bewusst machen: Über wie viele Jahre Erfahrung und wie viele Aus- und Fortbildungen verfügen Sie? Rechnen Sie alles penibel auf.

2. Wie viele Projekte / Aufträge haben Sie zur Zufriedenheit von Kunden abgewickelt?

3. Welche Ihrer Stärken hat Ihnen dabei am meisten geholfen? Listen Sie alle Stärken auf und benoten diese.

4. Welche Probleme können Sie, weil Sie über diese Stärken verfügen, für Kunden (oder andere) lösen? Bedenken Sie, das hätte nicht jeder gekonnt.

5. In welchem Bereich kennen Sie sich am besten aus?
Es gibt immer einen Schwerpunkt, der einen ausmacht.

2. Wählen Sie Ihre Einstellung in diesen Punkten:

Selbst-bewusst-sein:
Sie wissen viel. Keiner kann aber alles wissen! Gestehen Sie sich das selbst zu. Etwas nicht zu wissen und es zuzugeben, macht glaubwürdiger als Dampfplauderei! 

Die Rolle des Kunden:
Der Kunde ist kein König. Er ist Ihr Partner. Behandeln Sie ihn ebenso, wie Sie selbst behandelt werden wollen.

3. Den Kunden zum Berater machen:

Wenn der Kunde sich mit einem bestimmten Produkt intensiv auseinandergesetzt und tatsächlich mehr Informationen hat, dann neidlos anerkennen. Warum auch nicht? Dennoch hat er nicht Ihren Wissensstand.
 

Einige Satzbeispiele für eine Umsetzung o.g. Punkte:

Zu 1: Selbstvertrauen

„S. g. Kunde, ich finde es gut, wenn Sie sich mit dem Thema auseinandersetzen. Und ich muss sagen, Sie machen das gut. Gerne erkläre ich Ihnen mit meinem Wissen aus x Jahren, warum ich diese Arbeit so ausführe. Darf ich…?“

Alternativ: „Ja, das hört sich alles gut an. Wir dürfen dabei nicht vergessen, dass (z.B.) die Energieeinsparverordnung weit mehr fordert. Gerne erkläre ich Ihnen mit meinem Wissen aus x Jahren, warum ich diese Arbeit so ausführe. Darf ich…?“

Zu 2: Einstellung / Zugeben

„Respekt, Sie haben sich viel Mühe gemacht und viele Informationen gesammelt. Erlauben Sie, dass wir das Thema vertagen, dann kann ich mich ebenfalls vorbereiten?“

 Alternativ: „Wow, da haben Sie mich jetzt auf dem falschen Fuß erwischt. Ich kenne das Thema. Bevor wir aber ans Eingemachte gehen, würde ich mich noch mal mit der DIN „Beispiel“ befassen. Ich denke, das ist auch in Ihrem Interesse?“

Zu 3: Den Kunden zum Berater machen

„Da bin ich Ihnen aber dankbar, dass sie die Herstellerunterlagen ausgiebig studiert haben. Lassen Sie uns zusammenarbeiten. Was genau ist denn das Wichtigste für Sie?“  

Alternativ: „Ich bin immer begeistert, wenn sich meine Kunden mit den Themen auseinandersetzen. Schließlich ist es im eigenen Interesse. Lassen Sie uns zusammenarbeiten und sagen Sie mir in Stichpunkten, was für Sie entscheidend ist!“

 
Zu guter Letzt: 
Sie können auch dem Kunden die Entscheidung über die Ausführung überlassen. Das könnte in etwa so lauten: „OK, die Entscheidung liegt bei Ihnen. Wollen Sie ein Experiment machen und ich führe laut Internet aus oder wollen Sie die Lösung eines Spezialisten, der morgen auch noch für Sie da ist?“ Sollte er das Experiment wollen, bitte auf jeden Fall schriftlich festhalten!!!


 

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